Fotos: IngenieurGruppe Bauen

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Neue Feuerwache und Leitstelle

Nachhaltige Architektur für die Sicherheit in Karlsruhe

 

Die neue Hauptfeuerwache Karlsruhe

Seit Frühjahr 2021 ist die Feuerwehr Karlsruhe an einem neuen Standort präsent, da die alte, unter Denkmalschutz stehende Wache nicht mehr den Standards einer modernen Feuerwache entsprach und auch keine Erweiterungsmöglichkeiten bot. Zudem war es notwendig, eine Integrierte Leitstelle (ILS) für Feuerwehr und Rettungsdienst einzurichten, um so den Vorgaben des Rettungsdienstgesetzes des Landes Baden-Württemberg gerecht zu werden. Diese Leitstelle hat die Feuerwehr bereits im Mai 2017 in Betrieb genommen. Die neue Feuerwache samt Fahrzeughalle wurde dann in einem zweiten Bauabschnitt errichtet und Anfang 2021 fertiggestellt. Beide Entwürfe stammen aus dem Stuttgarter Architekturbüro Harder, Stumpfl und Schramm.

Leitstelle, Feuerwache und Fahrzeughalle

Die Bezeichnung „Hauptfeuerwache“ entlang der Wolfartsweierer Straße umfasst das dreiteilige Gebäude-Ensemble, bestehend aus der etwas abgerückten Leitstelle, der Feuerwache selbst, die in einem in der Höhe gestaffelten Riegel entlang der Straße untergebracht ist, sowie der dahinter liegenden, rund 7 m hohen Fahrzeughalle mit einer Länge von 123 m und einer Breite von 42 m.

Der etwa 125 m lange Gebäuderiegel der Feuerwache gliedert sich in verschiedene Abschnitte: einen 17 m breiten und rund 35 m langen, fünfgeschossigen Baukörper gegenüber der Stirnseite der Leitstelle – dessen obere drei Geschosse 9,50 m weit über das Erd- und erste Obergeschoss auskragen –, einen 9 m breiten, dreigeschossigen, etwa 50 m langen Zwischenbereich und einen weiteren 17 m breiten „vermeintlichen“ Sechsgeschosser mit einer Länge von knapp 40 m, dessen oberste zwei Etagen überwiegend ein als Sportplatz genutzter Freibereich ist, dessen Lochblechfassade aber bis zur sechsten Etage hochgeführt wurde. Weiteres Element des Ensembles ist der 30 m hohe Schlauchturm zwischen dem auskragenden Kopfbau der Feuerwache und der Fahrzeughalle.

Gründung und Tragwerk

Eine Besonderheit des Projektes kam bereits beim Fundament zum Tragen. Für die Bodenplatte wurde Recyclingbeton verwendet. Das Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft der Stadt Karlsruhe hatte das Pilotprojekt besonders unterstützt. Davon unabhängig war die Gründung insgesamt mit diversen Herausforderungen verbunden, da der Baugrund zum einen kontaminiert und mit Kampfmitteln belastet war, zum anderen hochstehendes Grundwasser und in Teilen nicht tragfähige Torfschichten die Arbeiten erschwerten. Hinzu kommt, dass Karlsruhe in der Erdbebenzone 1 liegt, was zusätzliche Anforderungen an die Gründung stellte – insbesondere auch in Bereichen wie dem dreigeschossigen, 9,50 m weit auskragenden Gebäudeteil des Kopfbaus der Feuerwache.

Für den Nachweis der Erdbebensicherheit wurde eine aufwändige computergestützte 3D-Modellierung erstellt. Sowohl die Leitstelle als auch der Riegel der Feuerwache wurden entsprechend auf elastisch gebetteten, 50 cm dicken Bodenplatten errichtet. Bei der Fahrzeughalle hingegen handelt es sich um eine Sondergründung mit Einzelfundamenten auf bis zu 14 m langen Geothermie-Rammpfählen.

Das gesamte Objekt wurde als Stahlbetontragwerk realisiert, wobei Leitstelle und Feuerwache überwiegend in Ortbetonbauweise und nur teilweise aus Halbfertigteilen erstellt sind. So waren in den Funktionsräumen von Leitstelle und Riegel wand- und stützenfreie Deckenkonstruktionen über die gesamte Gebäudebreite von etwa 17 m erforderlich. Hierfür kamen vorgespannte Fertigteil-Unterzüge in Kombination mit unterstützungsfrei zu verlegenden Halbfertigteil-Deckenelementen zum Einsatz. Die Halle hingegen wurde mit einem Trägerrost aus ebenfalls bis zu 17 m langen, vorgespannten, 1,25 m hohen Bindern auf Fertigteilstützen überdacht sowie mit weitgespannten Stahlbeton-Deckenelementen und  komplexen, wandartigen Stahlbeton-Trägern errichtet.

Das Dachtragwerk nimmt die hohen Lasten der 3.500 m2 großen begrünten Dachlandschaft mit Bäumen und einem Kräutergarten auf, was Erdaufschüttungen von bis zu einem Meter erforderlich machte.

Die Dachbinder wiederum mussten mit einer Vielzahl von TGA-Regeldurchbrüchen für die Installationen ausgestattet werden, was durch die enormen Auflasten eine nicht einfach zu lösende Aufgabe war. Überhaupt bestand eine große Herausforderung des Projekts darin, die Durchbrüche für die TGA-Leitungen in Wänden und Decken möglichst geschickt zu platzieren und – wo immer möglich – zusammenzufassen und die „Lochung“ damit so zu minimieren, dass die Tragfähigkeit der Bauteile erhalten bleibt. Denn gerade hochfunktionale und komplexe Gebäudetypen wie die neue Feuerwache stellen die Ingenieure immer wieder vor die schwierige Frage, wie sich Statik und Installationsöffnungen mit wirtschaftlichen Querschnitten auf einen tragfähigen und in diesem Fall auch erdbebensicheren Nenner bringen lassen.

Gebäudehülle aus Dämmbeton

Bei der Gebäudehülle kam ebenfalls ein besonderes Baumaterial zum Einsatz: Die Gebäuderückseite der Halle besteht aus 60 cm dickem, einschaligem Dämmbeton mit strukturierter Sichtbeton-Oberfläche. Auch der Schlauch- und Übungsturm wurde mit Dämmbeton eingehüllt. Aus statischen Gründen handelt es sich hier allerdings um eine zweischalige Konstruktion mit tragendem Normalbeton innen und dämmendem Leichtbeton außen. Hierfür entwickelten die Ingenieure ein spezielles Schalungs- und Betonageverfahren, das in enger Kooperation mit allen Planungsbeteiligten und der Baufirma auf der Baustelle eingerichtet und verfeinert wurde und bestens funktionierte. Hierfür wurden im Vorfeld verschiedene 1:1-Musterelemente, so genannte Mock-ups, erstellt, um das Verfahren im Originalmaßstab zu testen und zu üben.

Das Erscheinungsbild des imposanten Gebäudekomplexes von der Straßenseite aus prägt die in unregelmäßigem Raster gekantete Lochblechfassade mit grünlicher Farbunterlegung aus Aluminium.

„Trotz aller Hürden und Besonderheiten konnte das Gebäude dank der sehr guten Zusammenarbeit in einem professionellen und freundschaftlichen Team innerhalb des vorgegeben Termin- und Kostenrahmens fertiggestellt werden“, betont Joachim Diemer, der das Projekt für die Ingenieurgruppe Bauen geleitet hat.
Im Frühjahr 2021 hat die neue Hauptfeuerwache den Betrieb aufgenommen.


Bauherr: Stadt Karlsruhe, Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft
Architekt: H III S. Harder Stumpfl Schramm, Stuttgart
Fertigstellung: 2021