Unsere Referenzen

Ersatzneubau Neckartalübergang

Das Herzstück des Ausbaus der A6

Bautechnische Prüfung
Die bautechnische Prüfung ist neben den Planungsbereichen eine wichtige Aufgabe in unserem Büro. Durch die veränderten Arbeitsweisen in der Tragwerksplanung hat sich die Prüfung von einem Prozess des kritischen Nachvollziehens in eine parallele vergleichende und ergänzende Betrachtung des Objekts verändert. Über das originäre Schutzziel der Allgemeinheit durch die Prüfung erwartet die öffentliche Hand auch die Berücksichtigung der sparsamen Mittelverwendung und der Langlebigkeit der Investition.

Wer in letzter Zeit über den neuen Abschnitt der Autobahn A6 bei Heilbronn gefahren ist, hat sie sicherlich schon gesehen: in eleganten Wellen aus Stahl führt die Brücke über den Neckar. Die geschwungenen Träger bilden das Haupttragwerk des zentralen Brückenbauwerks, das im Zuge des größten PPP-Projektes des Landes Baden-Württemberg von 2018 bis 2021 errichtet wurde: der Neckarbrücke.

Für den Autobahnausbau der A6 bei Heilbronn mussten insgesamt 36 Brücken ersetzt bzw. erneuert werden. Der Prüfingenieur Dietmar Maier, Partner der IngenieurGruppe Bauen, war mit der bautechnischen Prüfung des anspruchsvollsten Bauwerks, der stählernen Neckarüberquerung, beauftragt. Die aus den 1960er Jahren stammende, vor rund 20 Jahren sanierte Flussquerung wies insbesondere an den schwächeren Außenbereichen, bedingt durch den zunehmenden Schwerlastverkehr, diverse Schäden auf und konnte lediglich 4-spurig genutzt werden. Ein Neubau war deshalb unumgänglich.

Der sechsspurige Ausbau der A6 zwischen Wiesloch/Rauenberg (Rhein-Neckar-Kreis) und dem Weinsberger Kreuz (Kreis Heilbronn) erfolgte auf einer Strecke von 25 km. Neben den bautechnischen Anforderungen galt es zeitgleich auch die verkehrstechnischen Erfordernisse zu beachten: alleine der Schwerlastverkehr mit einem Aufkommen von täglich etwa 30.000 LKW musste parallel zum Baugeschehen weiterfließen.

Interview zum Neckartalübergang

Mehrstufiger Bauablauf

Diesem Umstand begegnete man mit einem „mehrstufigen Bauablauf“. Während die alte Brücke noch voll in Betrieb war, wurde ein Überbau der neuen Brücke bereits parallel dazu errichtet. Vor Abbruch der Bestandsbrücke wurde der Verkehr auf dieses neue Teilbauwerk (Teilbauwerk 1) verschwenkt geführt. Nach dem Abbruch des Bestandes wurde der zweite Überbau in der endgültigen Lage hergestellt und danach der gesamte Verkehr auf dieses Bauwerk gelegt. Der jetzt freie, zuerst hergestellte Überbau wird schließlich insgesamt quer zur Fahrtrichtung in seine endgültige Lage verschoben.
Die gesamte Talquerung setzt sich aus der 824 m langen Vorlandbrücke aus Stahlbeton sowie aus der eigentlichen Neckarquerung, einer 513 m langen Verbundbrücke, die mit ihren markanten Wellenträgern den Neckar überspannt, zusammen.

Hochfester Feinkornstahl der Qualität S460

Um den außerordentlich hohen Kräften Herr zu werden, bedurfte es eines besonders festen, thermomechanisch gewalzten Feinkornstahls der Qualität S460. Bei der geschwungenen Konstruktion der Längsträger mit 3,80 m bis maximal 8,30 m Höhe und einer Feldweite von 131 m ergeben sich extreme Beanspruchungen, die ohne diesen Spezialstahl nicht hätten bewältigt werden können. Mit Einzelbauteilen von bis zu 104 Tonnen auf zehnachsigen Schwertransportern kam der Baustellenlogistik ebenfalls höchste Beachtung zu. Die vor Ort verschweißten Brückenbauteile aus bis zu 110 mm dicken Stahlblechen spiegeln die enormen Kräfte in der Konstruktion wider. Unter Berücksichtigung des weiter ansteigenden Verkehrsvolumens erhöhten die Planer an besonders belasteten Stellen Blechdicken sogar auf 190 mm, um der geforderten Dauerhaftigkeit Rechnung zu tragen. Zum Schluss erhielten die stählernen Oberflächen einen Korrosionsschutz aus einem mehrlagigen Beschichtungssystem. Um eine unbemerkte Korrosion der stählernen Hohlkästen, die an beiden Seiten die Längsträger aussteifen in deren Innerem zu verhindern, wurden diese dicht verschweißt. Die Dichtigkeit wurde durch eine Druckprüfung sichergestellt.

Herstellung im Taktschiebeverfahren

Das Wachstum der von hinten immer wieder angebauten Brückenteile erfolgte über insgesamt vier Längsvorschübe, wobei der zweite die Stahlkonstruktion bis auf die Pfeiler der Neckarinsel platzierte. Dabei kam für die freischwebende Flußüberbrückung von 131 m Länge am vorderen Teil ein Vorbauschnabel zum Einsatz, der die auskragende Länge des Überbaus früher auf den Pfeiler aufsetzt und die Durchbiegungen reguliert. Der finale Querverschub des ersten Überbaus auf die Endpfeiler erfolgt über 40 Hydraulikzylinder und durch Sicherung mittels Stahlseilen. Der Vorgang, die tonnenschweren Konstruktionen mit zwölf Metern pro Stunde millimetergenau zusammenfügten wurde computer- und kameragesteuert überwacht. Die hier wirkenden Kräfte erreichten pro Hauptträger über einen sogenannten Querverschub-Riegel die enorme Größe von 50 Meganewton.

Betriebsplanung bis 2046

Die in Stahlverbundbauweise ausgeführte Neckarbrücke weist Spannweiten von maximal 131 m auf Der Ersatzbau für den gesamten Neckartalübergang aus den 1960er Jahren verfügt über eine Brückenfläche von 40.000 m² und bildet mit 1,3 km Länge die längste Autobahnbrücke in Baden-Württemberg. Das Public-Private-Partnership (PPP) Projekt umfasst die Planung, den Bau, die Finanzierung, den Betrieb und den Erhalt der neuen Neckartalbrücken und weiterer Streckenteile bis zum Jahr 2046. Die Projektgesellschaft mit Namen ViA6West kalkuliert dabei mit einem Finanzierungsvolumen von über eine Milliarde Euro. Das Verkehrsvolumen auf dem sechsspurig ausgebauten Teilstück der A6 beträgt täglich etwa 100.000 Fahrzeuge, mit steigender Tendenz.

Planung und Prüfung im Netz

Im Zuge unserer Arbeit galt es weit über 5000 Dokumente zu sichten und zu prüfen. Der Prüfprozess lief dabei cloudbasiert komplett digital ab. Durch die Unterteilung in Vor- und Hauptprüflauf wurde sichergestellt, dass alle Unterlagen in ihrer finalen, geprüften Form zur Ausführung frei gegeben werden konnten. Durch den Wegfall des Versandwegs und des Drucks konnten so Zeit, Aufwand und Kosten gespart werden.

Bauherr: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur Bundesrepublik Deutschland

Auftraggeber: Land Baden-Württemberg, Regierungspräsidium Stuttgart, Referat 47.5 – Großprojekte

Bauausführende PPP-Projektgesellschaft ViA6West:

  • HOCHTIEF Infrastructure GmbH
  • DIF Infrastructure IV 
  • Johann Bunte Bauunternehmung GmbH & Co.

Entwurf: Leonhardt, Andrä und Partner, Stuttgart

Ausführungsplanung und Ausführung Stahlbau: Plauen Stahl Technologie GmbH, IB Weyer

Ausführungsplanung Massivbau: K+S Ingenieur-Consult GmbH, Nürnberg

Bautechnische Prüfung Neckartalübergang: Dr. Dietmar H. Maier, IngenieurGruppe Bauen